Aus der Serie "Rennbericht von Gilles Roulin": Ende der Weltcupsaison
Aspen war eine neue Abfahrt für mich und von ihrer Topografie her ist es keine Strecke, die ich als «wie auf mich zugeschnitten» bezeichnen würde. Daher war mir bewusst, dass es zwei sehr gute Abfahrtsläufe brauchen wird, damit ich mein Ziel, das Weltcup Finale zu erreichen, realisieren kann.
Das Wetter am ersten Renntag hat sich kurz nach Rennbeginn von Minute zu Minute derart schnell verschlechtert, dass das Rennen nach 24 Fahrern abgebrochen werden musste. Somit wurde der Samstag zum alles entscheidenden Renntag für mich.
Im Training hatte ich im obersten, extrem flachen Streckenteil enorm viel Zeit verloren und ich wusste, dass ich für den oberen Teil eine Par-Force-Leistung benötigen würde, um den Rückstand in Grenzen zu halten. Leider entwickelte sich der Zeitrückstand sehr schnell, sodass ich nach 30 Sekunden auf dem flachen oberen Streckenteil bereits 1.2 Sekunden zurücklag, wobei ein Rückstand von wenigen Hundertstelsekunden eigentlich wünschenswert gewesen wäre. Zum Glück änderte sich das Gelände nach 30 Fahrsekunden von sehr flach und sehr steil abrupt. Es gelang mir ein guter Mittelteil und ich war auf gutem Weg eine solide Leistung abzurufen. Dabei konnte ich die freche Linie, welche ich mir auf der Besichtigung angeschaut hatte, voll durchziehen und kam mit der schnellsten gemessenen Geschwindigkeit auf die letzte, alles entscheidende Rechtskurve. Durch das entschieden höhere Tempo und die sehr frech gewählte Linie kam mehr Druck in der Kompression des letzten Schwunges zusammen, als ich das erwartet hatte. Der Druck der Zentrifugalkraft zog mich nach hinten, sodass mein Radius immer länger wurde. Verzweifelt musste ich fühlen, wie mein Tempo zusammenfiel und ich viele viele Meter verlor. Die letzten Meter ins Ziel fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Leider wurde dieses schlechte Gefühl von der Zeit widergespiegelt und ich verlor im letzten Abschnitt noch einmal sehr viel davon.
Im Ziel musste ich sodann mit ansehen, wie sich ein Fahrer nach dem anderen vor mir klassierte, bis ich sehr enttäuscht feststellen musste, dass ich in der Jahreswertung auf den 26. Rang zurückgefallen war und das Weltcup Finale somit um 3 Punkte verpassen würde. Die Enttäuschung war in diesem Moment riesig und hält auch jetzt noch an. Trotzdem musste ich mich sehr schnell fangen, denn am Sonntag stand noch der Super-G auf der Agenda.
Im Super-G hatte ich keine realistischen Chancen mehr auf einen Platz am Weltcup Finale, deshalb ging es für mich darum, eine gute Leistung zu zeigen, um gute Voraussetzungen für die kommende Saison zu schaffen. Nach einem verhaltenen Start gelang mir eine sehr gute Fahrt und ich war auf Kurs für die Top 15. Leider kam wieder kurz vor dem Ziel ein folgenschwerer Fehler, der mich auf 15 Fahrsekunden 6/10 kostete. Im Ziel auf dem 18 Rang, verlor ich noch vier Positionen und beendete das Rennen auf dem 22. Rang. Wieder mehr Ärger als Freude, obschon das Resultat bedeutete, dass ich die dritten Super-G Punkte in Folge einfahren konnte, was die Steigerung meiner Super-G Form unterlegte.
Aber als Sportler kann man nicht zufrieden sein, wenn man sein Leistungsmaximum nicht erreicht und deshalb muss ich enttäuscht von Aspen nach Hause reisen. Ein ernüchterndes Ende einer sehr intensiven, lehrreichen, schönen Weltcup Saison voller Höhe- und Tiefpunkten.
Gilles