Aus der Serie "Rennbericht von Gilles Roulin": Nach Weihnachten ist vor Bormio
Die Festtage sind für uns Abfahrer nicht Tage, sondern der Festtag, denn am 25. Dezember geht es jeweils bereits nach Bormio für die letzten Rennen des Jahres. Die Strecke in Bormio heisst Pista Stelvio und ist bekannt dafür, dass sie sehr steil, immer extrem eisig, sehr unruhig präpariert und physisch sehr herausfordernd ist. Hinzu kommt, dass es ein Nordhang ist und die Sonne es kaum schafft, sich über den Berg zu hieven, sodass es immer auch sehr dunkel ist.
Trotz dieser unbarmherzigen Charakteristik mag ich die Pista Stelvio. Sie kommt meinen Stärken eher entgegen als ruhigere, flachere Pisten. In den Trainings ging es darum, herauszufinden, wo die schnelle Linie durchführt, mich an diese Linie heranzutasten, ohne gleichzeitig zu viele wertvoll Körner zu verbrennen.
Ich konnte mir mit den Trainings ein gutes Gefühl erarbeiten und mit den Coaches einen guten Rennplan definieren, sodass ich mich gut auf die Abfahrt vom Donnerstag (28.12.) vorbereitet fühlte.
Am Renntag war ich voll konzentriert, aber auch sehr angespannt. Ich ging mit Nummer 35 ins Rennen. Der obere Teil bereitete mir in den Trainings Mühe und ich wusste, dass ich eine andere Linie fahren musste, um bei den Leuten zu sein. Obwohl ich die obere Passage viel besser meisterte als noch in den Trainings, war ich bei den ersten beiden Zwischenzeiten nur im Mittelfeld. Zum Glück liegt mir der mittlere Sektor. Ich konnte die Linie, die ich mir bei der Videoanalyse vorgenommen hatte, ziemlich so durchziehen wie ich mir das vorgestellt hatte und somit viel Speed über den grossen Sprung (San Pietro) mitnehmen. Der letzte Abschnitt ist einer meiner Lieblingsabschnitte im ganzen Jahr. Ich wusste, dass ich hier eine freche Linie fahren kann und auch muss, weil ich dadurch noch den einen oder anderen Platz gutmachen kann. Als ich die Ziellinie überquerte, war ich sehr zufrieden als ich auf der Anzeigetafel die 7 neben meinem Namen stehen sah. Mein zweitbestes Karriereresultat und dies auf dieser schwierigen Strecke; was für ein tolles Gefühl. Mein Teamkollege, Justin Murisier, der nach mir ins Rennen startete, zeigte ebenfalls eine super Leistung und fuhr genau eine Hundertstel schneller als ich, sodass es am Ende Rang 8. geworden ist. Ein sehr schöner Jahresabschluss.
Im Januar stehen dann die zwei grössten Highlights im Kalender an; der Klassiker zuhause in Wengen und dasjenige der grössten Bühne im alpinen Skirennsport - dem Hahnenkammrennen in Kitzbühel. Ich freue mich schon darauf!
Euer Gilles